Donnerstag, 28. Oktober 2010

Die nächsten drei Tage vergingen schnell. Morgen würde die Schule wieder beginnen. Mama war ununterbrochen am Grinsen. Heute musste sie mich nicht aus dem Bett holen. Wir saßen zu dritt am Küchentisch und frühstückten gemeinsam. Es war das erste mal, dass Nik und ich uns ganz normal unterhalten konnten. Wir sprachen über die verschiedensten Themen. Anfangs war mir nicht bewusst, was für ein humorvoller Typ hinter Nik steckte. ''Was hast du heute vor?'', fragte er mich. ''Hm, nichts.'', antwortete ich mit vollem Mund. ''Was hälst du davon, wenn wir in die Stadt fahren und dir ein paar neue Sachen besorgen?'' Das Brötchenstück blieb mir im Hals stecken das ich laut husten musste. ''Wir-wir beide?'' wiederholte ich. ''Warum denn nicht..'', antwortete er ''..hast du Lust?'' - ''Hm, warum denn nicht. Ich brauch eh noch einige Schulsachen.'' - ''Super! Du suchst aus, ich bezahle.'' Ich schaute zu Mama rüber, die mir nur ein breites Lächeln schenkte. ''Wow! Träume ich?'' Beide fingen an zu lachen. ''Also, wenn du hier weiter so rum sitzt, dann wirst du es nie erfahren.'' - ''Oh!'', sagte ich, stopfte mir das letzte Stückchen in den Mund und lief ins Bad. 

''Mein Auto steht am Ende der Straße.'', sagte Nik, als wir die Wohnung verließen. ''In Ordnung.'', antwortete ich. Wir gingen über die Straße und plötzlich blinkte das schwarze BMW, das alle anderen Autos um ihn herum in den Schatten stellte. ''Das-das ist dein Auto?!'' - ''Joar, steig ein. Ist offen.'' Nicht nur von außen, sondern auch von innen sah der Wagen nagelneu aus. Total beeindruckt schaute ich mich darin um. ''Anschnallen nicht vergessen.'', sagte Nik mit einem spöttischen Lächeln. ''Jaja, es kann ja noch was passieren.'', antwortete ich mit einem Hauch Ironie. ''Bei mir weiß man nie so genau.'', sagte er am Lachen und trat auf's Gaspedal. Im Radio lief 'Five Minutes To Midnight'. Ich beugte mich nach vorne und drehte auf. ''Magst du dieses Lied?'', fragte mich Nick, nachdem er wieder etwas leiser gemacht hatte. ''Und wie!'', antwortete ich und drehte wieder auf. Er lachte und sang dann anschließend mit mir mit. Die ganze Autofahrt verlief lustig. Es machte mir komischerweise Spaß, den Tag mit Nik zu verbringen. Als wir vom Auto ausstiegen, setzte sich Nik seine schwarze Ray Ban-Sonnenbrille auf. ''Wie viel Geld hat dieser Kerl nur in der Tasche?'', dachte ich mit einem Kopfschütteln. ''So, wo willst du als erstes hin?'' - ''Ich brauche für morgen ein paar Schulsachen.'' - ''Schulsachen also.. Ich hätte jetzt gedacht du schleppst mich in den nächsten Klamottenladen.'', lachte Nik und wir gingen zum Schreibwarengeschäft der Stadt. An der Kasse stand Christin, die größte Zicke der Schule, vor mir. Als sie mich sah musterte sie mich von oben bis unten. ''Ach Lucia, was machst du denn hier?'' - ''Wonach sieht es denn aus?'', gab ich zurück. ''Oh, so frech heute? Schau mal lieber nochmal nach, ob du genug Geld mit hast.'' Nik tickte mich unauffällig an und ich gab ihm ein Zeichen, dass alles in Ordnung war. ''64,95€'', sagte die Verkäuferin, der das Gespräch nicht entgangen war. ''Das kann nicht sein.'', sagte Christin. ''Dort steht es.'' - ''Hä?'' - ''Hast du nun das Geld oder nicht?'', sagte die Verkäuferin unfreundlich. ''Legen sie die Sachen zurück, ich bezahle sie später.'' - ''Sowas machen wir hier nicht. Räum die Sachen wieder zurück.'', forderte die Verkäuferin Christin auf und sie tat was sie sagte. Vor Lachen bekam ich mich nicht mehr ein. ''Upps, ich denke du hättest lieber nachschauen sollen, ob du genug Geld in der Tasche hast.'', warf ich ihr an den Kopf. ''Solche Püppchen kann man echt nicht gebrauchen.'', sagte die Verkäuferin und reichte mir die Tüte, nachdem Nik alles bezahlt hatte. Lachend verließen wir das Geschäft. ''So, ich hab jetzt alles.'', sagte ich. ''Das wars schon?'', fragte er überrascht. ''Ja, mehr brauche ich auch nicht und danke das du mir die Sachen bezahlt hast.'' - ''Kein Problem, aber das war es noch lange nicht. Du gehst jetzt shoppen. Ich bin dir ja noch was schuldig.'' - ''Ach du bist mir nichts schuldig.'' - ''Los geht's.'', sagte er und wir gingen in einen Laden, nach dem anderen. Am Abend hatte ich so viele Tüten in der Hand, wie noch nie zuvor. ''Die Tüten kannst du gleich in den Kofferraum packen.'', sagte er als wir zurück zum Auto liefen. ''Nik?'' - ''Ja?'', sagte er und blieb stehen. ''Ich möchte mich dafür entschuldigen, wie ich dich behandelt hatte. Es war falsch und es tut mir wirklich Leid.'' - ''Ach, Schwamm drüber. Der heutige Tag war doch der perfekte Neuanfang, findest du nicht?'' Wo er Recht hatte, hatte er Recht. Er reichte mir die Hand und fragte: ''Freunde?'' - ''Freunde!''

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