Donnerstag, 4. November 2010

''Was musst du mir erzählen?'', fragte ich ungeduldig. ''Erst wenn wir im Klassenraum sind.'' Ich konnte es überhaupt nicht leiden, wenn mich jemand auf die Folter spannte, doch ich sagte nichts. Auf unseren Plätzen wollte sie gleich anfangen zu erzählen, doch wurde augenblicklich von Herrn Lehmann unterbrochen. ''Frau Peters, haben sie einen Grund warum sie erst jetzt auftauchen?'' Sie nickte und reichte ihm einen Zettel. Er las den Zettel, schaute sie misstrauisch an und sagte anschließend: ''Na gut. Fahren wir fort. Also..'' 
''Ich erzähle es dir nach der Schule.'', flüsterte mir Alice ins Ohr und wir hörten die restlichen Stunden aufmerksam zu.


Endlich war der Schultag zu Ende. ''So, jetzt sag was ihr gemacht hab.'' - ''Genau! Also, wir haben uns geküsst!''   - ''Wie, geküsst?'' - ''Geküsst, eben!'', kreischte Alice. Sie war so süß und freute sich so sehr, deswegen lächelte ich, mit meinen Hintergedanken. ''Warte mal, ist das Finn dahinten?'' Ich drehte mich um. Er stand auf der anderen Straßenseite und winkte mir zu. ''Oh, ich muss los. Ich ruf dich heute Abend an.'', sagte ich. ''In Ordnung. Viel Spaß euch beiden.'' Sie umarmte mich und ich lief rüber zu Finn. ''Hey.'', sagte er mit einem breiten Lächeln und gab mir einen Kuss auf die Wange. ''Alles klar bei dir?'' - ''Jetzt schon.'', antwortete ich. Er nahm mir meine Tasche ab und wir gingen zurück zu mir nach Hause. ''Habt ihr was aufbekommen?'', fragte er. ''Nö, nö. Heute wieder nicht. Wann fährst du nach Hause?'' - ''Um fünf muss ich schon los.'' - ''Hm, schade.. Kannst du nicht noch bis morgen bleiben?'' - ''Du glaubst gar nicht, wie gern ich das möchte, aber ich kann nicht.'' - ''Mist!'' - ''Hey, lass uns die Stunden, die wir noch für uns haben einfach genießen, ok?'' - ''Ok.'', antwortete ich und ein Lächeln breitete sich in meinem Gesicht aus. 

Mittwoch, 3. November 2010

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war Finn noch am Schlafen. Ich schlich leise aus dem Bett, da ich Finn nicht wecken wollte. Ich nahm meine Lieblingsjeans, meinen neuen Cardigan und ein einfaches Top von meinem Kleiderständer und ging damit ins Bad. Schminken und duschen fiel an diesem Morgen aus. Ich war schon wieder spät und verließ ungekämmt die Wohnung. Draußen stand Jonas' Auto gegenüber von meinem Fahrrad. ''Soll ich dich mitnehmen?'', rief er. ''Wäre gut.'', antwortete ich und stieg in seinen Wagen. ''Was machst du hier?'' - ''Ich werde dich ab heute jeden Tag von der Schule abholen.'' - ''Das musst du doch nicht.'' - ''Will ich aber.'' - ''Na wenn es so ist.'' Natürlich hatte ich nichts dagegen, dass er mich abholte, aber aus Höflichkeit lehnte ich es anfangs ab. ''Wann hast du heute aus?'' - ''Nach der 6.'' - ''Gut, ich auch.'' - ''Gut?'', fragte ich. ''Ja, dann nehme ich dich nach der Schule auch wieder mit.'', sagte Jonas. ''Nicht nötig.'' - ''Doch, sonst musst du noch zu Fuß nach Hause.'' - ''Finn ist bei mir und er holt mich danach ab.'' - ''Oh, schade. Dann ein anderes mal.'' - ''Ok.'' Die restliche Fahrt lang war Jonas ganz in Gedanken versunken und hatte mich anscheinend schon vergessen. ''Ich kann nur hier parken. Wir müssen dann ein bisschen laufen.'', entschuldigte er sich. ''Ach, ist doch nicht schlimm.'', sagte ich und lächelte ihm aufmunternd zu. Als er ein Parkplatz für sein Auto gefunden hatte, gingen wir zur Schule. Dort kam uns Alice entgegen und umarmte mich fest. ''Hey.'', sagte Jonas und umarmte sie. Es freute mich, dass sie sich umarmt hatten. ''Ähm, ich geh schon mal vor.. Herr Lehmann wollte mir noch was sagen.'', flunkerte ich und ging ins Gebäude. Alle anderen waren schon da und warteten auf Herrn Lehmann, der für seine Verhältnisse spät dran war. Fast zehn Minuten nach dem Gong kam er dann mit Begleitung von Maurice. ''Entschuldigung für die Verspätung, wir beginnen gleich mit dem Unterricht.'', sagte er außer Atem und schloss den Klassenraum auf. Alice war noch immer nicht da, aber ich machte mir keine Sorgen, da Jonas bei ihr war. Doch als sie nach der zweiten Stunde noch immer nicht da war, beschloss ich, sie suchen zu gehen. Bei den Raucherecken fing ich an. Dort fand ich sie nicht. Als es dann noch zum Ende der Pause klingelte, machte ich mich auf den Weg zurück ins Klassenzimmer. Dort kam mir Alice grinsend entgegen. ''Wo warst du?!'', sagte ich aufgelöst. ''Bei Jonas. Ich muss dir was erzählen.'', antwortete sie überglücklich. 

Montag, 1. November 2010

Wie auf dem Zettel stand, erschien ich um 17 Uhr vor dem Tafelhaus. Ich war mir nicht sicher, ob ich rein gehen sollte, also blieb ich erstmal draußen stehen. Wenige Minuten später stand ich nicht mehr alleine am Treffpunkt. ''Hey, schön das du gekommen bist.'' Ich drehte mich um. ''Finn?!'' Ohne weiter nach zu denken lief ich ihm in die Arme. ''Ich hab dich so vermisst.'', flüsterte ich während kleine Tränchen über meine Wange liefen. Finn blieb still und hielt mich fest in seinen Armen. ''Aber, was ist der Grund für dieses Treffen?'' Er ließ mich los und schaute erstmal in allen Richtungen. ''Ich war die letzten Tage bei meinem Kumpel und dort kann ich ja nicht für immer bleiben. Mit Janis verstehe ich mich jetzt auch nicht mehr so gut..'' - ''Ihr versteht euch nicht mehr gut?'', unterbrach ich ihn. ''Ja, aber das tut jetzt nicht zur Sache. Ich..'' - ''Ist es wegen mir?'', unterbrach ich ihn ein zweites mal. ''Nein, es ist doch nicht wegen dir. Es liegt einfach an uns. Wir geraten immer wieder aneinander. Das passiert nun mal.'' Mir war klar, das die beiden sich wegen mir stritten, aber ich sagte nichts mehr und ließ ihn ausreden. ''Also, was ich dir sagen wollte. Ich habe lange mit meiner Mutter geredet und es ist in Ordnung für sie, wenn ich bei ihr einziehe. Hauptsache ich muss nicht mit meinem Dad leben.'' - ''Das freut mich für dich.'', sagte ich. Es freute mich wirklich, aber ich konnte es nicht wirklich zeigen. Er legte seine rechte Hand auf meine Wange. ''Was ist los?'' - ''Ich freue mich wirklich für dich, nur ist es so schade, dass du hier nicht mehr zurück kommen wirst.'' Das sollte nicht egoistisch klingen. ''Wenn ich erstmal eine Arbeit habe und genug Geld verdiene, dann werde ich hier her zurück kommen. Nur momentan kann ich nicht für mich alleine sorgen, verstehst du?'' - ''Ja, ich verstehe. Tut mir Leid.'' - ''Ach dir muss doch nichts Leid tun.'' - ''Was ist denn mit der Schule?'' - ''Mit der Schule ist alles abgeklärt. Ich hab auch kaum was verpasst. Das kann ich schon wieder nach holen.'' - ''Da bin ich wirklich erleichtert. Wie lange wirst du hier bleiben?'', fragte ich ihn. ''Also, wenn du gerne willst, dann verbringen wir die Nacht miteinander, aber wenn du kein Bock auf mich hast, dann ist das auch nicht schlimm und ich fahre wieder zurück.'' - ''Spinnst du?! Natürlich will ich das du heute Nacht bei mir bleibst.'', sagte ich voller Freude und umarmte ihn fest. ''Ich hab mit keiner anderen Antwort gerechnet.'', lachte er und fügte hinzu ''Hast du Hunger?'' - ''Klar.'', sagte ich und wir gingen ins Tafelhaus.


Nach dem wunderbaren Essen machten wir einen schönen Spaziergang. Wir setzten uns an den See und schauten uns gemeinsam den Sonnenuntergang an. Wir waren zum richtigen Zeitpunkt, an der richtigen Stelle. Obwohl.. Gibt es überhaupt den richtigen Zeitpunkt? Ich weiß es nicht. Machte mir aber keine weiteren Gedanken darüber, da ich endlich wieder mit Finn zusammen sein konnte. ''Auf hättest du Lust?'', flüsterte er, nachdem die Sonne war noch halb zu sehen. ''Es ist mir egal. Die Hauptsache ist, wir erleben es zusammen.'' - ''Bist du dir da sicher?'', fragte Finn ironisch. ''Jetzt nicht mehr.'', lachte ich. ''Zu spät. Wir springen jetzt ins Wasser.'', lachte Finn. Er zog sich, bis auf seine Shorts, aus und sprang ins Wasser. ''Luci, ich warte auf dich.'' - ''Du bist verrückt.'', lachte ich. ''Na komm schon.'', bat er mich. ''Niemals.'' - ''Muss ich erstmal aus dem Wasser kommen?'' Er ließ mich nicht antworten und kam aus dem Wasser. ''Ok, ok, überredet.'', lachte ich und zog mich, bis auf meine Unterwäsche, aus. ''Deine Entscheidung kam spät.'', sagte Finn am Lachen, hob mich hoch und schmiss mich ins Wasser. Da es so kalt war, schrie ich ungewollt. Doch mit der Zeit wurde das Wasser angenehm und auch ich bekam Spaß bei der ganzen Sache. Als die Sonne ganz verschwand, gingen wir aus dem Wasser. ''Brrr.'' - ''Ist dir kalt?'', fragte Finn. ''Nein, kein bisschen.'', sagte ich sarkastisch und suchte meine Sachen zusammen. ''Hier.'' Finn reichte mir ein Handtuch und ich trocknete mich ab. Daraufhin zogen wir unsere Sachen an und machten uns auf dem Heimweg. ''Hat doch Spaß gemacht, oder?'', fragte mich Finn mit einem breiten grinsen, dass unter dem Laternenlicht perfekt zu sehen war. ''Und wie.'' Zu Hause angekommen gab ich Mama Bescheid, dass Finn die Nacht über da bleiben würde. Es machte ihr nichts aus. Warum auch, Nik war ja bei ihr. Ich ging ins Bad und machte mich dort fertig. Als ich zurück kam, lag Finn schon in meinem Bett. ''Morgen muss ich früh raus.'', erzählte ich. ''Ja, ich weiß.. leider.'' - ''Hm. Ich kann auch einfach zu Hause bleiben.'' - ''Nein, nicht wegen mir. Ich hole dich morgen von der Schule ab. Dann haben wir noch ein paar Stunden, bis ich los muss.'' - ''Ok, ich bin froh das du da bist.'' - ''Und ich erst. Ich liebe dich.'' - ''Ich liebe dich auch.'', flüsterte ich und schlief ein. 

Sonntag, 31. Oktober 2010

''Ich kann den neuen Schüler nicht mehr erwarten.'', flüsterte mir Alice, während unser Klassenlehrer, Herr Lehmann, die organisatorischen Dinge mit uns besprach, ins Ohr. ''Einen neuen Schüler?'', fragte ich ahnungslos. ''Ja!'', sagte sie. ''Typisch Alice, weiß immer über alles Bescheid.'', dachte ich. ''Frag nicht woher ich das weiß.'', sagte sie. ''Ok, ok.'', kicherte ich. ''Wann ist die Stunde endlich vorbei?'', fragte Alice ungeduldig. Leider etwas zu laut. ''Möchten Sie der Klasse irgendwas mitteilen, Frau Perters?'', fragte Herr Lehmann gereizt. Sie errötete auf Anhieb und schüttelte bloß den Kopf. Den Rest der Stunde hörten wir aufmerksam zu. Kurz vor dem Klingeln klopfte es an der Tür. ''Herein.'', rief Herr Lehmann. Ein großer, leicht gebräunter, dunkelhaariger Kerl trat in die Klasse. Alle Mädchen schmachteten ihn an. So besonders fand ich ihn nun auch wieder nicht. Er sprach mit einem französischen Akzent. ''Mein Name ist Maurice.'' - ''Ah, der junge Mann aus Frankreich. Herzlich Willkommen.'' Herr Lehmann klärte noch etwas unverständliches mit ihm ab. Beim Klingeln verließen alle Schüler den Klassenraum. Weil ich die letzte war, rief mein Lehrer mich nochmal zurück. ''Ja?'', fragte ich. ''Würdest du Maurice rumführen? Ich muss zu einer Besprechung.'' - ''Ähm, klar.'' - ''Ich danke dir.'', sagte Herr Lehmann und verließ den Klassenraum. ''Na super!'', dachte ich. ''Hoffentlich krieg ich das mit dem Französisch sprechen hin.'' Maurice schaute mich lächelnd an. ''Ähm, te me comprenez?'', fing ich an. ''Ich spreche schon Deutsch, keine Panik.'', lachte er und süße Grübchen tauchten in seinem Gesicht auf. ''Haha, ok gut. Was würdest du gerne sehen?'', fragte ich ihn erleichtert. ''Mich würde dieser Ort, wo die Schüler.. wie sagt man das bei euch..'' - ''Abhängen?'' - ''Genau!'' - ''Ähm, ok.'' Wir machten uns auf den Weg zum Pausenhof. Um die Ecke stand Alice und wartete auf mich. Mit einem breiten Lächeln kam sie mir entgegen. ''Also Maurice, Alice. Alice, Maurice.'', stellte ich die beiden vor. Alice konnte ihre Augen nicht mehr von ihm lassen. Natürlich entging ihm das nicht. Ich führte ihn durch den Pausenhof, durch die Aula und durch die Mensa. Als es aber endlich zum Ende der Pause klingelte machten wir uns auf dem Weg zurück in die Klasse. Die restlichen Stunden verliefen weiterhin organisatorisch. Wie immer liefen gleich alle raus, sogar Alice. Es wunderte mich, dass sie nie auf mich wartete. Als ich meine Tasche gepackt hatte und meinen Stuhl hochgestellt hatte verließ auch ich den Raum. Auf dem Gang entdeckte ich Maurice. ''Und, was machst du heute noch so?'', fragte er mich schüchtern. ''Hm, mal sehen und du?'' - ''Ich hab heute nichts vor. Ich hab auch keine Freunde hier und so wirklich auskennen tue ich mich nicht.'' Er wollte doch auf irgendwas hinaus. ''Oh, das ist echt doof.'' - ''Wenn du Lust hast, könntest du mir ja die Gegend und so zeigen.'' - ''Ein ander mal, ja? Ich muss jetzt auch wieder los. Bis morgen.'' - ''Ok, bis morgen dann.'', sagte er und ich lief runter zu meinem Fahrrad. Als ich mich auf mein Rad setzten wollte, entdeckte ich einen Zettel auf dem Sattel geklebt. ''Um 17 Uhr vor dem Tafelhaus. Ich werde auf Dich warten.'', stand darauf. Ich schaute mich um, doch weit und breit war keiner mehr zu sehen. ''Na gut, dann um 17Uhr vor dem Tafelhaus.'', sagte ich zu mir selbst, stieg auf mein Rad und machte mich auf den Heimweg. Zu Hause angekommen, begrüßten mich Mama und Nik gleich. ''Wie war die Schule?'' - ''Guuut!'', rief ich und verschwand in meinem Zimmer. Da wir nur organisatorisches besprochen hatten, musste ich nichts für die Schule tun. Ich schmiss mich auf mein Bett und schloss die Augen. Kurze Zeit später klopfte es an meiner Tür. ''Ja?'' Mama trat wieder herein. ''Hast du keinen Hunger?'' - ''Ne, ich hatte in der Schule schon was.'' - ''Achso gut.'' - ''Mama, kannst du mich bitte um 4 Uhr wecken?'' - ''Klar, dann schlaf gut, mein Schatz.'' - ''Danke.'' Es war seltsam, dass Mama mich nicht mal fragte, warum ich geweckt werden möchte. Aber mit diesem Gedanke wollte ich mich nicht vom Schlafen abbringen lassen und kuschelte mich in meine Decke. Kurze Zeit später schlief ich ein.

Freitag, 29. Oktober 2010

''Oh, wir müssen uns beeilen.'', sagte Nik, nachdem er auf seine Uhr geschaut hatte. ''Deine Mutter wartet sicher schon.'' Er nahm mir die restlichen Tüten ab und legte sie in den Kofferraum. Währenddessen setzte ich mich schon in den Wagen und wartete auf ihn. ''Auf geht's!'', sagte er und trat auf das Gaspedal. Vom vielen einkaufen war ich so erschöpft, dass ich die ganze Fahrt lang meinen Kopf an die Scheibe lehnte und aus dem Fenster sah. Als wir ankamen und mit den vielen Tüten in die Wohnung traten, lief Mama aus dem Wohnzimmer. ''Oh ihr habt ja richtig reingehauen!'', lachte sie. ''Und wie.'', antwortete Nik und stimmte in ihr Lachen ein. ''Hattet ihr denn Spaß gehabt?'', fragte Mama und Nik schaute mich an. Wir beide nickten und ich grinste, bis über beide Ohren. ''Ich lass euch dann mal alleine. Gute Nacht.'', sagte ich. ''Gute Nacht, mein Schatz.'', antwortete mir Mama und Nik schenkte mir sein sympanthisches Lächeln. In meinem Zimmer sah ich, dass ich mein Handy auf dem Nachtschränkchen, neben meinem Bett, liegen gelassen hatte. ''Oh nein. Vielleicht hatte Finn angerufen.'', dachte ich, ließ die ganzen Tüten fallen und schaute auf mein Display. ''2 SMS'', von Alice. Sie wollte wissen, was ich morgen anziehe. Völlig enttäuscht warf ich mein Handy auf mein Bett und die Sehnsucht nach Finn kehrte wieder ein. Er hatte sich mal wieder nicht gemeldet. Auf einmal klopfte es an der Tür. ''Ja?'', sagte ich und die Tür öffnete sich einen Spalt und Mama streckte ihren Kopf durch die Tür. ''Darf ich reinkommen?'' - ''Klar.'', versuchte ich möglichst lässig zu sagen, damit Mama nichts merkte. Sie setzte sich auf mein Bett und schaute mich an. ''Ist alles in Ordnung.'' - ''Ja, klar. Alles bestens.'' - ''Wirklich?'' - ''Natürlich Mama.'', antwortete ich und versuchte dabei zu lächeln. ''Hm, was ist eigentlich mit Finn?'' - ''Finn?'' Sie nickte. ''Wie kommst du auf Finn?'' - ''Luci, ich bin deine Mutter. Und mir ist noch nie was ergangen.'' - ''Spionierst du mir etwa nach?!'', sagte ich etwas lauter. ''Nein, nein. Aber ich merke doch, das da was nicht stimmt.'' - ''Hm, naja..'' - ''Möchtest du mit mir reden?'' Nach längerem Zögern gab ich nach und erzählte Mama die ganze Situation. Zum Schluss sagte sie mir, dass ich ihn besuchen sollte. ''Das ist eine gute Idee, Mama. Ich ruf ihn gleich mal an.'' - ''Nein, ruf ihn nicht an. Überrasch ihn einfach.'' - ''Danke, das du immer für mich da bist.'', sagte ich und umarmte sie fest. ''Immer wieder gerne. So, ich lasse dich jetzt mal alleine. Deine neuen Sachen kannst du mir die Tage mal präsentieren.'' - ''Mach ich und gute Nacht.'' - ''Dir auch.'', antwortete sie und verließ mein Zimmer. Als ich auf die Uhr schaute war es kurz vor zehn. Ich nahm alle Sachen aus den Tüten und verteilte sie in meinem ganzen, nicht all zu großem Zimmer. Erst einmal schrieb ich meinen Namen auf die Schulsachen. ''Werde ich eigentlich meinen Nachnamen behalten?'', überlegte ich kurz, dann ließ ich es sein. Ich packte die Sachen in meine neue Schultasche und stellte sie neben meinem Schreibtisch ab. Danach machte ich mich an meine neuen Anziehsachen. Studenlang stand ich vor dem Spiegel und probierte die verschiedensten Looks aus. Es machte mir so Spaß, dass ich die Zeit völlig vergaß. Um halb 3 ging ich dann ins Bett und schlief promt ein. 

Am nächsten Morgen konnte ich es kaum erwarten in die Schule zu gehen. Ich war schon um 6 auf den Socken und ging ins Bad, wo ich mir etwas länger, als sonst, Zeit ließ. ''Luci?'', klopfte Nik an die Tür. ''Ja?'', schrie ich, weil ich unter der Dusche stand. ''Könntest du mich bitte rein lassen?'' - ''Einen  Moment noch.'', lachte ich. ''Ich muss ganz, ganz dringend.'' - ''Bin fertig!'', rief ich und band mir ein Handtuch um. ''Dir geht es heute wohl echt gut.'' - ''Gut erkannt.'', antwortete ich und ging zurück in mein Zimmer, wo ich mich in meine schönsten Sachen warf. Nachdem ich mit meinen Haaren und dem Schminken fertig war, ging ich in die Küche und machte mir einen Kaffee.''Kaffee am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen.'', sagte Nik. Ich lachte. ' 'Möchtest du auch einen?'' - ''Klar.'', antwortete er und setzte sich schon mal an den Tisch. Wir unterhielten uns ein wenig und er bot mir an, mich zur Schule zu fahren, aber ich lehnte freundlich ab. ''Wann willst du denn eigentlich los?'' - ''Um zwanzig nach sieben fahre ich mit dem Rad los.'' - ''Es ist schon halb.'' - ''Oh, ich muss los!'', sagte ich und sprang auf. ''Viel Spaß!'', rief Nik. ''Danke.'', antwortete ich nahm meine Tasche aus meinem Zimmer und lief aus der Wohnung. Draußen schloss ich mein Fahrrad auf und fuhr los. Kurz vor der Schule rief jemand nach meinem Namen und ich hielt an. ''Jonas, hey!'', sagte ich überrascht und stieg von meinem Fahrrad. Er umarmte mich fest und als er mich losließ musterte er mich von oben bis unten. ''Gut siehst du aus!'' - ''Danke, du auch.'' - ''Was ist los mit dir? Du grinst ja wie ein Honigkuchenpferd!'', lachte Jonas. ''Ich verstehe mich nun super mit Nik und werde Finn bald wiedersehen.'' Plötzlich hörte er auf zu lächeln. ''Achso, wir sollten mal lieber weitergehen, nicht das wir noch zu spät kommen.'' Eigentlich waren wir früh dran, aber ich sagte nichts. Auf dem Schulhof wartete schon Alice auf mich und fiel mir direkt in die Arme. Sie fing an loszuquatschen. Ich verstand nur einzelne Wörter und nickte einfach. Die Schulglocke läutete und alle Schüler machten sich auf den Weg zu ihren Klassen. Noch immer redete Alice weiter. Der Schultag konnte also beginnen.

Donnerstag, 28. Oktober 2010

Die nächsten drei Tage vergingen schnell. Morgen würde die Schule wieder beginnen. Mama war ununterbrochen am Grinsen. Heute musste sie mich nicht aus dem Bett holen. Wir saßen zu dritt am Küchentisch und frühstückten gemeinsam. Es war das erste mal, dass Nik und ich uns ganz normal unterhalten konnten. Wir sprachen über die verschiedensten Themen. Anfangs war mir nicht bewusst, was für ein humorvoller Typ hinter Nik steckte. ''Was hast du heute vor?'', fragte er mich. ''Hm, nichts.'', antwortete ich mit vollem Mund. ''Was hälst du davon, wenn wir in die Stadt fahren und dir ein paar neue Sachen besorgen?'' Das Brötchenstück blieb mir im Hals stecken das ich laut husten musste. ''Wir-wir beide?'' wiederholte ich. ''Warum denn nicht..'', antwortete er ''..hast du Lust?'' - ''Hm, warum denn nicht. Ich brauch eh noch einige Schulsachen.'' - ''Super! Du suchst aus, ich bezahle.'' Ich schaute zu Mama rüber, die mir nur ein breites Lächeln schenkte. ''Wow! Träume ich?'' Beide fingen an zu lachen. ''Also, wenn du hier weiter so rum sitzt, dann wirst du es nie erfahren.'' - ''Oh!'', sagte ich, stopfte mir das letzte Stückchen in den Mund und lief ins Bad. 

''Mein Auto steht am Ende der Straße.'', sagte Nik, als wir die Wohnung verließen. ''In Ordnung.'', antwortete ich. Wir gingen über die Straße und plötzlich blinkte das schwarze BMW, das alle anderen Autos um ihn herum in den Schatten stellte. ''Das-das ist dein Auto?!'' - ''Joar, steig ein. Ist offen.'' Nicht nur von außen, sondern auch von innen sah der Wagen nagelneu aus. Total beeindruckt schaute ich mich darin um. ''Anschnallen nicht vergessen.'', sagte Nik mit einem spöttischen Lächeln. ''Jaja, es kann ja noch was passieren.'', antwortete ich mit einem Hauch Ironie. ''Bei mir weiß man nie so genau.'', sagte er am Lachen und trat auf's Gaspedal. Im Radio lief 'Five Minutes To Midnight'. Ich beugte mich nach vorne und drehte auf. ''Magst du dieses Lied?'', fragte mich Nick, nachdem er wieder etwas leiser gemacht hatte. ''Und wie!'', antwortete ich und drehte wieder auf. Er lachte und sang dann anschließend mit mir mit. Die ganze Autofahrt verlief lustig. Es machte mir komischerweise Spaß, den Tag mit Nik zu verbringen. Als wir vom Auto ausstiegen, setzte sich Nik seine schwarze Ray Ban-Sonnenbrille auf. ''Wie viel Geld hat dieser Kerl nur in der Tasche?'', dachte ich mit einem Kopfschütteln. ''So, wo willst du als erstes hin?'' - ''Ich brauche für morgen ein paar Schulsachen.'' - ''Schulsachen also.. Ich hätte jetzt gedacht du schleppst mich in den nächsten Klamottenladen.'', lachte Nik und wir gingen zum Schreibwarengeschäft der Stadt. An der Kasse stand Christin, die größte Zicke der Schule, vor mir. Als sie mich sah musterte sie mich von oben bis unten. ''Ach Lucia, was machst du denn hier?'' - ''Wonach sieht es denn aus?'', gab ich zurück. ''Oh, so frech heute? Schau mal lieber nochmal nach, ob du genug Geld mit hast.'' Nik tickte mich unauffällig an und ich gab ihm ein Zeichen, dass alles in Ordnung war. ''64,95€'', sagte die Verkäuferin, der das Gespräch nicht entgangen war. ''Das kann nicht sein.'', sagte Christin. ''Dort steht es.'' - ''Hä?'' - ''Hast du nun das Geld oder nicht?'', sagte die Verkäuferin unfreundlich. ''Legen sie die Sachen zurück, ich bezahle sie später.'' - ''Sowas machen wir hier nicht. Räum die Sachen wieder zurück.'', forderte die Verkäuferin Christin auf und sie tat was sie sagte. Vor Lachen bekam ich mich nicht mehr ein. ''Upps, ich denke du hättest lieber nachschauen sollen, ob du genug Geld in der Tasche hast.'', warf ich ihr an den Kopf. ''Solche Püppchen kann man echt nicht gebrauchen.'', sagte die Verkäuferin und reichte mir die Tüte, nachdem Nik alles bezahlt hatte. Lachend verließen wir das Geschäft. ''So, ich hab jetzt alles.'', sagte ich. ''Das wars schon?'', fragte er überrascht. ''Ja, mehr brauche ich auch nicht und danke das du mir die Sachen bezahlt hast.'' - ''Kein Problem, aber das war es noch lange nicht. Du gehst jetzt shoppen. Ich bin dir ja noch was schuldig.'' - ''Ach du bist mir nichts schuldig.'' - ''Los geht's.'', sagte er und wir gingen in einen Laden, nach dem anderen. Am Abend hatte ich so viele Tüten in der Hand, wie noch nie zuvor. ''Die Tüten kannst du gleich in den Kofferraum packen.'', sagte er als wir zurück zum Auto liefen. ''Nik?'' - ''Ja?'', sagte er und blieb stehen. ''Ich möchte mich dafür entschuldigen, wie ich dich behandelt hatte. Es war falsch und es tut mir wirklich Leid.'' - ''Ach, Schwamm drüber. Der heutige Tag war doch der perfekte Neuanfang, findest du nicht?'' Wo er Recht hatte, hatte er Recht. Er reichte mir die Hand und fragte: ''Freunde?'' - ''Freunde!''