Samstag, 4. September 2010

Als ich in die Wohnung kam, saß Mama im Wohnzimmer. Anscheinend hatte sie auf mich gewartet ''Hallo Mama'' - ''Hey, mein Schatz.'' - ''Wie war es bei Jonas?'' - ''Super, ich gehe auch gleich mal ins Bett. Schlaf gut.'' - ''In Ordnung. Schlaf du auch gut, Liebes.'' In dem Moment hatte ich einfach keine Lust Mama von meinem Tag zu erzählen. In meinem Zimmer legte ich meine Sachen ab und holte die Schachtel raus, in der ich mein Tagebuch versteckte. Ich setzte mich an meinen Schreibtisch und fing an zu schreiben..

Liebes Tagebuch, 

ich habe den heutigen Tag mit Jonas verbracht.
Er schafft es wirklich jedes mal mich durch den Tag zu bringen. Ich verbringe gerne Zeit mit ihm. Vorallem jetzt, da Finn nicht hier bei mir ist. Das klingt jetzt irgendwie nach Ausnutzen, aber so meine ich das nicht. Finn hat sich noch immer nicht gemeldet.. Langsam werde ich ungeduldig. Es gibt sicher einen Grund dafür. Hoffe ich zumindest. Es ist so komisch ohne ihn. Jede Stunde kommt mir vor wie ein Tag. Es wird immer unerträglicher. Ich denke, wenn er sich bis morgen abend nicht meldet, werde ich es einfach tun. 
Gerade fiel mein Blick wieder auf das Bild, welches an meiner Wand hängt. Es scheint an diesem Abend so kalt. Eine schöne Kälte.. eventuell angenehm. Wie ein Windstoß an einem heißen Sommertag. Ja, genau so. Andere würden das Bild nicht als kalt wahrnehmen. Äußerlich kann vieles anders sein. Kommt drauf an, wie einem innen zu mute ist. Darauf kommt es meist immer an, denke ich. Würde mich jemand fragen ob ich es kalt oder warm finde, würde ich antworten: "beides." Äußerlich war mir echt warm, doch innerlich bin ich schon längst erfroren. Zumindest fühlte es sich so an. Als ob das Herz ein Eisklumpen wär und die Kälte sich im ganzen Körper verbreitet. So fühlte ich mich oft. 

Ich schloss mein Tagebuch und legte mich auf mein Bett. Es war ein befreiendes Gefühl meine Gedanken und Sorgen aufgeschrieben zu haben. Ich dachte darüber nach, ob Finn zur richtigen Zeit ging. Vielleicht war es auch zu früh? Ab wann ist etwas überhaupt richtig? Und vorallem.. wann weiß man es? Meistens merkt man es erst, wenn es schon längst zu spät ist. Man kann es dann nicht mehr rückgängig machen und muss sein ganzes Leben damit leben. Ob man will oder nicht. Ich wollte nichts mehr falsch machen. Nur noch alles richtig. Mir war klar, dass ich das niemals schaffen würde. Man kann nicht alles richtig machen. Unmöglich. Nach langem nachdenken wurde mir so langsam schwarz vor Augen und ich schlief ein. 

Am nächsten Morgen brannte mir die Sonne in den Augen. Ich fühlte mich leer, schwach und schrecklich zugleich. An diesem Tag war ich besonders lustlos. ''Schatz, ist alles in Ordnung?'', fragte mich Mama, als sie in mein Zimmer trat. ''Ich fühle mich nur nicht besonders gut.'', gab ich ihr als Antwort. ''Ich bringe dir dein Frühstück ins Bett.'', antwortete sie und ging aus meinem Zimmer. Ich zeigte ihr nicht, wie furchtbar ich mich fühlte. Mir war selbst nicht klar, wieso es so war. Ich beschloss an diesem Tag nicht die Wohnung zu verlassen. Ich blieb im Bett liegen und hörte etwas Musik zu hören. Nach wenigen Minuten stellte ich sie wieder aus, weil sie mir Kopfschmerzen bereitete. ''Hier.'' Mama stellte mir das Tablett auf mein altes Nachtschränkchen. ''Danke'', antwortete ich, ohne ihr einen Blick zu würdigen. ''Ich muss nun los. Ich werde erst heute Abend wieder zu Hause sein.'' - ''In Ordnung.'' - ''Falls was sein sollte rufst du mich an, hörst du?'' - ''Ja, versprochen.'' - ''Gut, gute Besserung.'' Sie gab mir einen Kuss auf die Stirn und ging anschließend. Ich hatte überhaupt keinen Hunger und rührte das Essen nicht an. Pfannkuchen mochte ich nie besonders. Stundenlang lag ich ohne Besserung im Bett. Um kurz nach 4 klingelte es an der Tür und ich zwang mich selbst aus dem Bett zu kommen. Ich ging durch den schmalen Flur entlang zur Haustür und öffnete sie. ''Hey.'' - ''Finn!'' ich fiel ihm direkt in die Arme. Alle Sorgen, Schmerzen und Ängste verschwanden in dieser Umarmung. ''..was machst du denn hier?'' - ''Ich hab dich schrecklich vermisst.'' - ''Ich hab dich auch vermisst, aber wieso hast du dich denn nicht gemeldet?'' - ''Mein Handy ist kaputt.'' Ich ließ ihn wieder los. ''Wie ist das denn passiert?'' Er schaute zu Boden und mir wurde klar, was das hieß. ''Wie ist es bei deiner Tante?'' - ''Ganz in Ordnung, aber deswegen bin ich nicht hier.'' - ''Weswegen dann?'' - ''Komm bitte mit mir mit.'' - ''Wohin mitkommen?'' - ''Weg. Lass uns gemeinsam abhauen. Die Tage, an denen ich nichts von dir hören konnte waren der Horror für mich. Ich will nicht ohne dich zurück fahren.'' - ''Finn, das geht nicht so leicht.'' - ''Warum denn nicht?'' - ''Weil es einfach nicht richtig wäre..'' - ''Was wäre nicht richtig?'' - ''..na zu gehen.'' - ''Bitte überleg es dir. Ich muss schnell rüber in die alte Wohnung und noch ein paar Sachen holen.'' - ''Ich werde den ganzen Tag zu Hause bleiben.'' - ''Bist du krank?'' - ''Ach, ich fühle mich nur nicht so gut.'' - ''Wieso nicht?'' - ''Kopfschmerzen und Stress mit Mama. Das Übliche.'' - ''Oh, hm. Soll ich vielleicht hier bleiben?'' - ''Nein, nein..'' Ich wollte nicht, dass Finn hier blieb. ''..geh ruhig deine Sachen holen.'' - ''Wie du willst. Bis später.'' Er küsste mich und ging wieder.

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