Freitag, 27. August 2010

''Lucia, was verschafft mir die Ehre, dass du an meiner Tür stehst?'' Ich lachte. ''Hey Jonas.'' Er drückte mich fest. ''Nein, wirklich. Wie kommt's das du ausgerechnet an meiner Tür stehst?'' - ''Naja, du meintest ja ich solle mich melden. Da dachte ich mir, ich komme einfach mal bei dir vorbei.'' Natürlich mit einem Hintergedanken. Ich wollte auch sichergehen, dass er mir den Kopf gerettet hatte. ''Willst du erstmal reinkommen?'' - ''Klar, danke.'' Im ganzen Haus war totenstille. ''Bist du alleine hier?'', fragte ich ihn. ''Hört man das nicht?'', entgegnete er mir und lachte. Ich stimmte in sein Lachen ein. ''Hast du durst oder hunger?'' - ''Nein, danke. Vielleicht später.'' - ''Hm, wie du willst.'' - ''Weißt du, ich bin doch aus einem bestimmten Grund gekommen.'' - ''Hab ich mir schon gedacht. Wegen meiner Dusche, gibt's zu. Du willst heute wieder hier duschen, oder?'' Er lachte. ''Nein..'', ich lachte mit. ''..nachts bei der Party, ich hätte um schon um 2 zu Hause sein müssen und ich kam erst nachmittags wieder. Ich hatte keinen Stress mit Mama gehabt, obwohl ich einen halben Tag später kam. Hattest du vielleicht was damit zu tun gehabt?'' - ''Achso, ja ich war das.'' - ''Ich bin dir wirklich dankbar dafür, aber wie?'' - ''Naja, ich hab gesehen wie du da lagst.. bei Finn...'' Sein Gesichtsausdruck härtete sich, dann sprach er weiter. ''..du sahst echt zerstört aus. So anders, nicht mehr wie die Lucia, die ich kenne und kennengelernt habe..'' Obwohl das nichts mit meiner Frage zu tun hatte, ließ ich ihn weiter reden. ''..du wirkst immer so süß und unschuldig, aber an dem Abend, dachte ich wirklich du warst nicht du selbst. Du..'' - ''..ich weiß..'', unterbrach ich ihn. ''..es stimmt. Du hast wirklich Recht. Ich war nicht ich selbst. Ich wusste selbst nicht, warum ich gezogen hab.'' - ''Ja, das dachte ich auch. Dein Handy hatte geklingelt. Als ich auf dem Display sah, war mir klar das du nach Hause musstest. Da du in diesem Zustand schlecht nach Hause gehen konntest, hab ich von Alice's Handy aus deine Mum angerufen und ihr gesagt das du bei Alice bist. Ich hab ihren Vater gespielt und gesagt, dass Alice schlecht ist und du sicherheitshalber bei ihr bleibst, da Alice's Eltern nicht zu Hause sein können.'' Er schaute mich an. ''Jonas! Du bist der geborene Schauspieler. Danke, danke, danke.'' Er lachte. ''Hmm, das bin ich sicherlich.'' Eine Weile blieb es still um uns. ''Hast du vielleicht Lust auf einen Spaziergang?'', unterbrach Jonas die Stille. ''Ähm, warum nicht.'' - ''Na dann los.'' Er schnappte sich noch seinen Pullover und schon waren wir draußen.

Es wurde langsam dunkel draußen, aber mit Jonas fühlte ich mich irgendwie sicher. Meine Gedanken hingen wieder an dieser Rasierklinge, die ich in Alice's Schublade gefunden hatte. Viele Fragen schossen mir durch den Kopf. Was wäre der Grund dafür, dass sie sich selbst verletzte? Vielleicht hing sie noch immer an ihrem Ex-Freund, Lukas. ''Nein, das kann nicht sein.'', dachte ich. Sie war schon Monate über ihn hinweg.. Außer sie hatte uns allen nur was vorgespielt. Das konnte ich mir nicht vorstellen. Nicht bei Alice. ''Du denkst grad' nach.. ist alles in Ordnung?'' Jonas schaute mich pausenlos an. ''Was.. äh.. nein.. ja.. klar. Wieso sollte es nicht so sein?'' - ''Ich weiß nicht, du wirkst so, als hättest du was schreckliches erfahren.'' - ''Ach echt? Nein, es ist alles in Ordnung.'' - ''Hmpf.'', er schaute mich misstrauisch an. Mir war klar, dass ich nicht glaubwürdig genung rüberkam. ''Ist schon in Ordnung.'' - ''Was ist in Ordnung?'' - ''Das du mir nicht sagen möchtest, was los ist. Musst du auch nicht.'' - ''Jonas.. es..'' - ''Nein, nein. Ich will dich auch nicht dazu zwingen, es mir zu sagen.'' - ''Ich.. ich bin mir darüber auch nicht so wirlich im klaren, weißt du?'' - ''Verstehe. Was immer es auch ist, du solltest wirklich darüber reden..wenn du nicht willst, schreib es auf. Du solltest es nicht in dich hinein fressen. Das macht es kein Stückchen besser.'' - ''Du hast Recht, Jonas.'' - ''Nein, das hat nichts mit recht zu tun. Erfahrungen.. mehr nicht.'' - ''Was für Erfahrungen?'' Wir bogen nun in meine Straße rein. Vor meinem Haus blieben wir stehen. ''Hast du morgen schon was vor?'' Ich überlegte kurz. ''Nein, habe ich nicht.'' - ''Gut, ich nämlich auch nicht. Ich komme morgen nachmittag vorbei und hol dich ab, ist das in Ordnung?'' - ''Okey, dann bis morgen.'' - ''Bis morgen.'' Er beugte sich zu mir rüber, gab mir einen Kuss auf die Wange. ''Gute Nacht.'' Dann setzte er sich seine Kapuze auf und verschwand in der Dunkelheit. Ich ging nach oben, wo mich Mama und Nik schon erwarteten. ''Ich dachte erwäre weg?!'' - ''Er ist wieder gekommen. Können wir bitte reden?'' Mama hatte vorher geweint, das sah ich gleich. Ich bekam ein schlechtes Gewissen. ''Können wir bitte morgen reden? Ich bin wirklich fertig.'' - ''Natürlich, schlaf gut.'' Ich ging in mein Zimmer und schloss die Tür. Ich setzte mich an meinen Schreibtisch und dachte nochmal über Jonas' Worte nach. ''..schreib es auf. Du solltest es nicht in dich hinein fressen...'' Er hatte wirklich Recht. Ich stand auf und suchte in meinem Regal nach meinem alten Tagebuch. Nach langem wühlen hatte ich es endlich gefunden. Es war etwas verdreckt, aber es waren genug Seiten frei. Ich setzte mich wieder an meinen Schreibtisch und fing an zu schreiben.

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